Im Rahmen eines Seminars an der Universität Regensburg mit dem Titel „Verfolgung – Unrecht – Wiedergutmachung: Opferverbände in den (post-)sozialistischen Ländern seit 1945“ führten apl. Prof. Dr. Natali Stegmann (Universität Regensburg) und Lukas Edeler (Universität Passau) im Wintersemester 2017 eine Studierendenexkursion nach Prag durch.
Das Seminar beleuchtete die verschiedenen Ausprägungen, in denen sich Staat und Gesellschaft mit beiden totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts beschäftigt haben und noch beschäftigen. Dazu wurde in einem Vorbereitungsseminar zunächst die theoretische Grundlage zur Erinnerung ganzer Gesellschaften gelegt. Die Literatur und die Diskussion behandelte Fragen wie: Was ist Erinnerung? Wer und/oder was beeinflusst, wie sich Menschen an historische Ereignisse erinnern? Gibt es eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur und wenn ja, in welchem Verhältnis stehen dazu osteuropäische Erinnerungskulturen? Deutlich wurde durch die Vorbereitungstexte und der unterschiedlichen Perspektiven der Seminarteilnehmer*innen, dass es eben nicht die eine Vorstellung von dem gibt, was in der Vergangenheit „passiert“ ist.
Im Zusammenhang mit den sozialistischen Staaten bedeutet das, dass Erinnerung, besonders an den Zweiten Weltkrieg wie auch an den Staatssozialismus sehr stark staatlich reguliert war. Da also eine von verschiedenen staatlichen oder öffentlichen Stellen betonte Erinnerungskultur nicht notwendigerweise mit den Erfahrungen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gleichgesetzt werden kann, ist es notwendig, sich auch direkt mit diesen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Dies geschah im Rahmen einer Exkursion nach Prag am Beispiel Tschechiens bzw. der Tschechoslowakei. Nach der Exkursion wurde dies in zwei weiteren Blockseminaren an weiteren Beispielen vertieft.
Exkursion
In Prag wurde diese abstrakte Beschäftigung mit Erinnerungskulturen auf dreierlei Art angewendet: erstens in Besichtigung besonderer Erinnerungsorte – z.B. dem Denkmal für die Opfer des Kommunismus in Prag, aber auch das Museum des Kommunismus –, zweitens das Gespräch mit Vertreter/inne/n bestimmter Interessengruppen – die Vereinigung (ehemaliger) politischer Gefangener, das Zentrum für queere Erinnerung – und zuletzt die Diskussion der tschechischen Gesetzgebung nach 1989, die die Aufarbeitung der sozialistischen Vergangenheit betraf, zum Teil innerhalb der Seminargruppe, zum Teil mit tschechischen Historiker/inne/n. In diesem Zusammenhang standen der Besuch des Archivs der ehemaligen Staatssicherheit und ein Kolloquium mit dem Historiker Michal Pullmann und dessen Doktorand/inn/en.
Die Exkursion wurde im Rahmen des Förderprogramms „Mobilitätsbeihilfen Tschechien 2017“ von der BTHA unterstützt.
Ausführlicher Exkursionsbericht
Text: Caroline Bauer, Sebastian Kropp
Bild: Denkmal für die Opfer des Kommunismus in Prag, Prof. Dr. Natali Stegmann