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Vom 17. bis 22.6.2024 organisierte Dr. Jacqueline Nießer an der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit prof. PhDr. Kateřina Králová, Ph.D., M.A. und PhDr. Karin Hofmeisterová, Ph.D. an der Karls-Universität Prag ein mehrtägiges Blockseminar. Im Rahmen dessen verbrachten die Studierenden beider Universitäten zuerst drei Tage in Prag und anschließend drei Tage in Regensburg, um wichtige Orte der Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg zu besuchen.

Bereits im April 2024 erhielten die Studierenden der Universität Regensburg einen Workshop, in dem sie sowohl in die Thematik eingeführt wurden als auch die Möglichkeit bekamen, sich gegenseitig kennenzulernen. Außerdem besuchten sie die Regensburger Erinnerungsveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs und beschäftigten sich mit der Darstellung des Zweiten Weltkriegs im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Später wurden die erarbeiteten Ergebnisse den Studierenden aus Prag vorgestellt. Im Mai folgte dann ein weiterer Workshop, zu dem sich teils die Studierenden der Karls-Universität in Prag online zuschalten konnten. Die Studierenden wurden dort mit Form ihrer Abschlussarbeit vertraut gemacht, die sie einreichen mussten – Erstellung von sogenannten StoryMaps. Mithilfe der Online-Plattform StoryMaps war es den Studierenden möglich, die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden entlang seiner durchlebten Orte darzustellen. Die einzelnen Stationen wurden unter anderem von den Studierenden innerhalb der Exkursionen besucht. Die Ergebnisse lassen sich frei zugänglich lesen:

The Testimony of Walter Brauner

David Lester: The Path of a Holocaust Survivor

John Freund. A boy who lived through the horrors of a ghetto, two concentration camps, and a lost family before the age of 15

Jacob Adler. Reconstructing an oral testimony of a Czechoslovakian holocaust survivor and his tough journey to Canada

Bevor die bayerischen Studierenden am 17.6.2024 in Prag ankamen, bereiteten sich die Prager Studierenden in einem halbtägigen Workshop auf den Besuch und die Thematik des Seminars vor. Zum ersten Mal trafen sich die Teilnehmenden aus beiden Ländern im „Malach Center for Visual History“ in Prag. In kleinere Gruppen aufgeteilt hörten sie sich dort ein aufgenommenes Zeitzeugnis eines Holocaust-Überlebenden an, welches sie später in den StoryMaps verwenden sollten. Am darauffolgenden Tag fand vor der orthodoxen St.-Kyrill-und-Method-Kirche eine feierliche Zeremonie statt, in der sieben tschechoslowakische Widerstandskämpfer geehrt wurden. Diese hatten sich dort 1942 nach dem Attentat auf den von den Nationalsozialisten eingesetzten Reichsprotektor Reinhard Heydrich versteckt und fanden nach der Stürmung der Kirche im Juni 1942 den Tod. In der Krypta der Barockkirche wurde später eine Gedenkstätte an den tschechoslowakischen Widerstand gegen die Nazis eingerichtet und vor ihr eine Gedenkplatte angebracht. In Vergeltung des Attentats auf Heydrich verübten die Nationalsozialisten ein Massaker im Dorf Lidice, welches von ihnen komplett ausgelöscht wurde. Daher führte die Reise auf den Spuren des Zweiten Weltkriegs weiter in die Gedenkstätte Lidice. Im neu errichteten Dorf erzählte eine Zeitzeugin den Teilnehmern vom Neubeginn ihrer Familie im neu errichteten Lidice nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Erfahrung neben anderen hat folgende Aussage eines tschechischen Geschichtsstudenten angeregt: „Der Ansatz eines Historikers reicht nicht. Was ich hier mitgenommen habe, ist lebendige Geschichte!“ Am dritten Tag besuchten die Teilnehmenden das Prager Militärmuseum und eine Amateurausstellung im Palais Petschek. Das Palais diente der Gestapo als Prager Zentrale, weswegen die Studierenden dort einen Einblick in die Folterkammern und Verhöre der Gestapo erhielten.

Die Gruppe reiste am 20.6. nach Regensburg, um das Seminar dort fortzusetzen. Nach einer Stadtführung und der Besichtigung der Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ an der Universität Regensburg nahmen noch einige der Studierenden an der Podiumsdiskussion „Liegt die Zukunft der Zeitzeugenschaft im Digitalen?“ teil, die vom Zentrum Erinnerungskultur veranstaltet wurde. Am nächsten Tag stand der Besuch Gedenkstätte des ehemaligen KZ Flossenbürg an, wo die Studierenden die bisher gesammelten Eindrücke reflektieren und diskutieren konnten. Am letzten Tag der Exkursion führten die bayerischen Studierenden ihre tschechischen Kommilitoninnen und Kommilitonen durch Regensburg, um sie mit der lokalen Erinnerungskultur bekanntzumachen. Ein wichtiger Teil davon sind die Stolpersteine, die sich in der Innenstadt finden lassen, sowie das Haus der Bayerischen Geschichte. Der Nachmittag wurde für weitere Diskussionen und Präsentationen genutzt, in denen die Studierenden ihre Pläne für die StoryMaps vorstellten. Mehrere Studierende brachten zum Ausdruck, wie viele Anregungen ihnen das Seminar für ihr weiteres Studium und ihr Verständnis von Geschichte gebracht hat. So sagte zum Beispiel eine Regensburger Geschichtsstudentin, dass sie dank der Museumsanalysen im Rahmen des Seminars nun mit anderen Augen in Ausstellungen gehen werde.

Neben der schweren Thematik fand sich immer wieder Zeit für etwas Entspannung. So spazierte die Gruppe in Prag durch die Parkanlage Letná oder verbrachte einen geselligen Abend in Regensburg.

Das Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms „Bilaterale Sommer-/Winterschulen 2024“ der Bayerisch-Tschechischen Hochschulagentur und vom Zentrum Erinnerungskultur unterstützt.

Bericht des Zentrums Erinnerungskultur

Text: J. Nießer, UR; BTHA
Foto: J. Nießer, K. Králová, M. Perschke

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